3. LGBT Business Forum | 14.10.2015

Am 14. Oktober fand das 3. LGBT Business Forum in der ÖBB Konzernzentrale statt. Die Initiative von IBM, den austrian gay professionals (agpro) und uns bot ein umfangreiches Programm für CEOs, Führungskräfte und HR-Verantwortliche zum Thema Diversity Management in der Dimension sexuelle Orientierung und dessen Nutzen für alle Unternehmen.
Nach den Eröffnungsworten von ÖBB CEO Herrn Mag. Christian Kern und IBM Generaldirektorin Frau Mag.a Tatjana Oppitz fand eine spannende Podiumsdiskussion unter dem Titel “Sexuelle Orientierung am Arbeitsplatz … eigentlich Privatsache?” statt. Unter der Moderation von Markus Knopp (agpro) nahmen neben ÖBB CEO Herrn Mag. Christian Kern und IBM Generaldirektorin Frau Mag.a Tatjana Oppitz, auch Mag.a Sandra Micko, Microsoft, Mag.a Simone Oremovic, Baxalta (ehem. Baxter BioScience), und Mag.a Nicola Antesberger, OeNB, teil.

Eingangs wurde die Frage gestellt warum Diversity Management für Unternehmen wichtig sei. Frau Mag.a Oppitz (IBM), langjährige straight ally, sieht einen klaren Zusammenhang zwischen Diversität und Innovation – „Ohne Vielfalt gibt es keine Innovation. Innovation kann nur passieren, wenn wir es zulassen dass sich alle Talente einbringen können – mit all ihren Stärken, in einem sehr offenem Umfeld“. Diversity Management ist ein Erfolgsfaktor, ohne den kein Unternehmen in der heutigen Zeit überleben könne. IBM will als globales Unternehmen weltweit allen Mitarbeiter_innen einen Hafen der Sicherheit bieten.

Auch für Mag. Kern (ÖBB) ist es wichtig „die besten Mitarbeiter_innen zu gewinnen, der attraktivste Arbeitgeber zu sein und aus dem vollen Potenzial zu schöpfen. Wenn wir da irgendjemanden ausschließen wäre das ein gewaltiger Fehler.“ Wertevorstellungen eines Unternehmens dürfen keine leeren Hülsen bleiben – Verstöße müssen auch geahndet werden, wie es bei der ÖBB gehandhabt wird. Herr Mag. Kern unterstreicht die Wichtigkeit die Lebensrealitäten nicht nur der Mitarbeiter_innen, sondern auch der Kund_innen, anzuerkennen. Als Beispiel hierfür nannte er die Familienkarte der ÖBB, die auch für Regenbogenfamilien gültig ist.

Für Frau Mag.a Oremovic (Baxalta) ist Diversity Management schon lange ein wichtiger Bestandteil des Unternehmens. Nicht nur innerhalb des Unternehmens sei Sichtbarkeit von LGBTs essentiell, sondern auch nach außen hin – z.B.: durch das Hissen von Regenbohnenfahnen, der Teilnahme an Events, wie bspw. der Regenbogenparade oder der Einreichung für die Auszeichnung meritus. Diversity Management verlange jedoch auch Nachhaltigkeit und regelmäßige, globale Diversity Trainings.

Mag.a Micko (Microsoft) betont, dass es bei den Diversity Maßnahmen nicht um ein Eindringen in die Privatspäre der Einzelnen gehe: es soll vielmehr sichergestellt werden, dass alle Mitarbeiter_innen ihrem Potenzial entsprechend eingesetzt werden können und die sexuelle Orientierung ein offen lebbarer Teil der jeweiligen Persönlichkeiten sein kann. Ein Unternehmen muss die Rahmenbedingungen für Offenheit, inklusive einer Kultur des Vertrauens schaffen.

Mag.a Antesberger betont, dass Grundlage ihrer Arbeit das Bundesgleichbehandlungsgesetz sei und als erste Maßnahme der OeNB die völlige rechtliche Gleichstellung von hetero- und homosexuellen Mitarbeiter_innen überprüft wird. Diversity Management in der Dimension sexuelle Orientierung sei allerdings noch ein relativ neues Thema im Unternehmen.

Im Anschluss an die Podiumsdiskussion folgten Impulsvorträge zum Einfluss von LGBT auf den Arbeitskontext:
Der Leiter der WASt, Mag. Wolfgang Wilhelm präsentierte erste Ergebnisse der Studie „Queer in Wien“, bei der über 3000 Personen teilnahmen. Nur in etwa die Hälfte der Teilnehmenden gaben an, am Arbeitsplatz geoutet zu sein; am schwierigsten sei es, sich bei Ausbilder_innen, Kommiliton_innen, den eigenen Schüler_innen oder deren Eltern zu outen. Gründe hierfür: die Angst vor Konsequenzen, geminderten Karrierechancen oder der Diskriminierung. Die Conclusio der Studie: ein Großteil der LGBT Community fühlt sich in Wien durchaus wohl; dennoch gibt es noch Bedarf an Aufklärung und Bewusstseinsbildung.

Dr. Helmut Graupner, Präsident des Rechtskomitee Lambda und Initiator von ehe-gleich erläuterte, weshalb die fehlende Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare nicht nur diskriminierend, sondern auch schädigend für die Wirtschaft ist. Durch das Rechtsinstitut der eingetragenen Partnerschaft gibt es einen erheblichen Mehraufwand und somit höhere Verwaltungskosten. Das volle wirtschaftliche Potenzial kann nicht genutzt werden und die Anwerbung bzw. Entsendung von Mitarbeiter_innen wird erschwert, wenn im Ausland eine rechtliche Gleichstellung herrscht und in Österreich die Ehe nicht anerkannt wird. Aus diesen, und noch weiteren Gründen forderten in den USA über 300 Unternehmen die Aufhebung des Eheverbots, welches letztendlich im Juni 2015 gesetzlich verankert wurde. Dr. Graupner appellierte an alle Anwesenden die österreichische Initiative „Ehe gleich“ nicht nur als Privatperson, sondern auch als Unternehmen zu unterzeichnen.

Mag. Rainer Priker, IBM, gab schlussendlich einen Überblick über mobile Kommunikation und die Möglichkeiten der IBM / Apple Kooperation für die tägliche Zusammenarbeit. Dabei wurden nicht nur die Vorzüge der Vernetzung der Mitarbeiter_innen untereinander hervorgehoben, sondern auch die Möglichkeiten orts- und zeitungebundenen Arbeitens.

Markus Knopp, Astrid G. Weinwurm-Wilhelm und Jenny Herrmann leiteten zum Abschluss die zielgruppenspezifische Mini-Workshops. Executives, Marketing & Sales-People und HR-Verantwortliche kamen dabei jeweils zu derselben Conclusio: die Festsetzung von konkreten Zielen mit klaren Statements ist unabdingbar. Um wirklich glaubwürdig zu bleiben, müssen alle Diversitäts-Dimensionen bearbeitet und bei Verstößen auch Konsequenzen gesetzt werden. Ein Executive Sponsorship – die ideelle (und budgetäre) Unterstützung durch Top-Management oder Vorstand – verdeutlicht, dass Diversity Management mit Commitment betrieben wird. Die Sensibilisierung im Sales-Bereich ist ausschlaggebend für die Glaubwürdigkeit nach außen hin – und in Folge für den Umsatz: nur wenn Sales-Verantwortliche die Lebensrealitäten schnell einordnen können, werden auch passende Produkte angeboten.

Die Stimmen der Teilnehmer_innen: Viele Impulse und Inspiration, die nächsten Schritte zu setzen. Ein neuer Aufwind, die Maßnahmen zur Gleichstellung und Erhöhung der Sichtbarkeit von Lesben und Schwulen im Arbeitsleben zu forcieren.

Zur Nachlese der Vorträge:

Graupner_ehe.gleich

Pirker_mobile.working